Oh du schönes Zillertal!

Der Schneegupfgrat auf dem Olperer hat uns gestern (18. Oktober 2017) viel Kontrast geboten: Auf der einen Seite der Hochbetrieb im Skigebiet, auf der anderen die alpine Sonnenseite. Und dazu größte Freude – und höchste Vorsicht.

Hinunter ging’s mit unserem Gleitschirm. Meine drei Weg- und Flugbegleiter cruisten bis Mayrhofen: Bettina Strittl im Tandem mit Stephan Gruber (ja, der vom X-Alps, der das richtig gut drauf hat) und Andi Viehböck. Ich wollte wieder beim Auto landen, um es zurück zu bringen. Blöd nur, wenn der Talwind schneller wird als mein UFO – und beim Steigen ins Speedsystem mein superleichtes Gurtzeug (Nervures Expé 2) reißt… Die Folge: Eine Rückwärtslandung auf der Straße – brauch‘ ich auch nicht alle Tage! 😱

Pause ohne Kaffee

Zurück zum Start. Einen Kaffee gibt’s leider keinen, als wir morgens um 8 Uhr zur Olpererhütte kommen. Sie liegt bereits im Winterschlaf. Unter uns bettet sich der Schlegeis-Stausee zwischen die Berge. Er glitzert und funkelt, da blicken wir besonders gern zurück. Der Weg ist einfach, nur auf dem Schneegupfgrat sollte man sich keinen falschen Schritt erlauben. Man ließe sich leicht ablenken: Fällt der Blick nach links ins Skigebiet auf den Tuxer Gletscher, könnte er zwischen den Toren Skifahren. Lieber schaut er nach rechts zum Schlegeis-See und in Richtung Dolomiten. Dazwischen streben wir zum Gipfel des Olperers. Wir sind glücklich, dass wir dieses prachtvolle Wetter 3476 Meter über den Dingen genießen können. Und stehen hier im kurzen T-Shirt – der Altweibersommer macht’s dank Hoch „Tanja“ möglich.

Startklar!

Bald steigen wir wieder rund 300 Höhenmeter ab, wo wir unsere Gleitschirme zwischengelagert haben. Ein kleines Firnfeld bietet sich an, auf dem wir unsere Flügel ausbreiten können. Die anderen fliegen voraus, sie möchten die Thermik nützen und erst in Mayrhofen landen. Ich mache noch ein paar Bilder und mich ebenso bereit.

 

Höchste Vorsicht

Ich peile eine Wiese im Zamser Grund an – gleich taleingangs neben dem Parkplatz am Schlegeis-Stausee. Und möchte mit unserem Auto zurückfahren, das wir sonst ja holen müssten. So der Plan.

 

Hier baumeln noch meine Beine, bald sind sie angespannt. Hochalpines Fliegen ist zwar richtig beeindruckend, mit den Talwindsystemen aber mit höchster Vorsicht zu genießen. Während die anderen talauswärts fliegen, taste ich mich ins Tal hinein – und merke ich, wie der Wind stärker wird. Überraschend stark! Und dann das… Rrrrrrritsch… Ich will Reserven mobilisieren, meinen Schirm um ein paar km/h beschleunigen, steige in mein Speedsystem – doch dabei reißt plötzlich mein leichtes Gurtzeug (Nervures Expé 2)… Nur nicht nochmal versuchen! Könnte ich dann aus dem Gurtzeug plumpsen? Anstatt nach vorne fliege ich mit stärkeren Böen rückwärts, manchmal stehe ich am Himmel still. Unter mir: keine Wiese und kein Parkplatz mehr, sondern der See. Shit…

Mir bleibt nichts anderes mehr übrig, als die Straße für mein Landemanöver zu wählen. Für Stephan, den X-Alps-Piloten, wäre das ja nichts besonderes. Für mich ist die erste Straßenlandung eine spannende Sache. Meine Alternativen: Das Wasser oder die steile Böschung. Noch schlechtere Ideen. Hochspannung… Schulterblick. Es kommt kein Auto. Mein Herz klopft nicht mehr, es hämmert. Ich komme gut herunter. Ich darf durchatmen, habe wieder sicheren Boden unter meinen Füßen. Solche Action brauche ich nicht alle Tage… Meine Gedanken kreisen, welche Konsequenzen diese Landung haben wird.