Ama Dablam nach dem Erdbeben in Nepal

Wir können unsere erste Expedition kaum erwarten. Bis ein Erdbeben Nepal erschüttert und für Millionen Menschen nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Unser Traumberg, die Ama Dablam, rückt in weite Ferne…. Ein Reise-Abenteuer.

Die Unsicherheit ist annährend so groß wie das Bergziel, das wir uns im Himalaya
vorgenommen haben. Wollen wir tatsächlich die Reise nach Nepal antreten und uns
an der traumhaften Ama Dablam (6812 m) versuchen, obwohl das bitterarme Land ein
halbes Jahr zuvor von einem Erdbeben so schwer getroffen worden war?Unser Traum von BergDie nackten Fakten sind erschütternd und abschreckend zugleich: 9000 Menschen
sind bei dieser Katastrophe im April 2015 gestorben, Millionen haben ihr Dach
über dem Kopf verloren. Die Infrastruktur – so hörte man aus der Ferne – sei
vielerorts zerstört, die beliebten Treks gefährlich. Die Fotos in den Medien
transportierten ein Bild, als läge ein ganzes Land unter Trümmern. Und
überhaupt: Bröckeln nun nicht auch all die berühmten Berge mit ihren
Gletscherbrüchen vor sich hin?Trauriges BildWas tun? Zuhause bleiben – wie so viele andere Bergsteiger? Auf Nummer sicher
gehen? Oder umgedacht: Sollte man nicht gerade jetzt dorthin? Um ihre
Haupteinnahmequelle nicht still zu legen – das meiste Geld fließt doch aus dem
Tourismus. Wir hatten unseren Flug schon gebucht und Ganesh Neupane von unserer
lokalen Agentur versicherte uns, dass alles in Ordnung sei.Es wird schon gut gehen…Nichts wie hin: Wir machen uns mit Übergepäcksstücken voller Kleidung für die
Betroffenen und ebenso niedrigen Erwartungen auf den Weg. Angekommen in der
Hauptstadt Kathmandu überkommt uns ein verwunderliches Gefühl der Erleichterung:
Wir sehen ein völlig anderes Bild.

Rikscha-Fahrer, die uns mit einem freundlichen Lächeln begrüßen und zu einer
Spritztour überreden.

Kinder, die so reich an Lebensfreude sind, obwohl sie in bitterer Armut
aufwachsen.

Lebensmittel-Handel zwischen Schutt und Staub.

Eine Million Menschen wohnt in Kathmandu und lebt auch irgendwie auf der Straße.
Die Gemüsehändlerinnen verkaufen am Randstein sitzend ihre buntesten Sorten von
Mangos bis Spinat. Daneben lungern streunende Hunde.

Bewegung | Lärm | Dreck

Der Staub kriecht in die Nase, wenn ihn die Verkäufer im Touristenviertel Thamel
mit Besen davontreiben wollen. In die Ohren geht einem an fast jeder Ecke das
Lied „Om Mani Padme Hum“. Die CD mit dem Lieblings-Mantra der tibetischen
Buddhisten läuft im Dauer-Modus.

Viel Leben, wenn auch unter der Armutsgrenze.

Bei vereinzelten Schutt- und Trümmerhaufen zwischen all den spartanischen
Häusern wird man nicht stutzig. Die könnten auch schon länger hier gelegen sein,
denkt man sich. Ganesh Neupane, unser Reiseveranstalter, sagt:

„Ich bin verärgert, dass nur das Bild der flächendeckenden Zerstörung nach außen
getragen wird.“

Der Affentempel, Zerstörung merkten wir so gut wie keine

Die Hälfte der Touristen sei deswegen ausgeblieben, sagt Ganesh. Fünf von sieben
Weltkulturdenkmälern der UNESCO sind erhalten geblieben, der Wiederaufbau an den
beschädigten Tempeln geht voran. Restaurator Niels Gutschow:

„Diese Götter leben und brauchen ihr Obdach wieder,“

Meins… Meins…

Und doch ist dieser Stillstand spürbar – aufgrund anderer Probleme. Der
Treibstoff wird zur Mangelware nach einer schweren politischen Krise mit Indien.
Flüge werden gestrichen, weil sie kein Kerosin mehr tanken können. Auch wir
erhalten zwei Tage vor unserem Abflug die Hiobsbotschaft, dass unser Flug
gecancelt sei… Was sich glücklicherweise noch änderte.

Krisensituation

In unserem Hotel wird entschuldigt, dass man gewisse Gerichte nicht anbieten
könne – manche Restaurants sind geschlossen. An Tankstellen warten Autofahrer
stundenlang, um für einen Liter Benzin zwischenzeitlich bis zu acht Dollar zu
bezahlen – das Achtfache zum üblichen Preis, unleistbar für die meisten.

Mangelware

Grenzwertige Krise mit Indien

Die erlösende Nachricht kommt erst im Februar 2016: Die gewalttätigen Blockaden
an der Grenze zu Indien haben nach 135 Tagen ein Ende. Indische Lkws beliefern
Nepal wieder mit Sprit und Gütern. Dem Ganzen vorangegangen war unter anderem
ein Streit um die neue Verfassung Nepals, in der sich eine mit Indien
sympathisierende Minderheitengruppe, die Madhesis, unterdrückt fühlen.

Im Norden versperrt das höchste Gebirge der Welt die Wege zur Handelsmacht
China. Im Süden war die Grenze nach gewalttätigen Protesten dicht.

Medienberichte

So kommt auch der Wiederaufbau wieder in die Gänge – denn auch hier waren
tragischerweise kaum Lieferungen möglich. „Ich habe zuletzt einen Touristen am
Flughafen getroffen, der hatte gar nicht mitbekommen, dass hier überhaupt ein
Erdbeben passiert ist“, erzählt Markus Raich. Der Bergretter aus Aussee war als
Flughelfer mehrmals nach dem Beben in Nepal. Er kennt wiederum die betroffensten
Gebiete des Landes und schlimme Schicksale. Er brachte in den ersten Tagen nach
dem Beben Überlebenden Reis und Planen. Mittlerweile hat er eine Schule mithilfe
einer spontanen Spendenaktion errichten können. Großartig.

Ab auf den Highway!

Startklar

Die Touristen auf den klassischen Routen wie dem Everest-Trek müssen sich keine
Sorgen machen – für die Regierung hat hier der Wiederaufbau Priorität. Nur der
Landeanflug auf das 2800 Meter hoch gelegene Lukla ist spannend wie eh und je:
Die in den Hügel gebaute Landebahn ist so klein, dass sie Piloten schon zu kurz
geraten ist.

Lukla, der vielleicht spannendste Flughafen der Welt

Wir landen ruckartig in der Auffahrt zum „Everest-Highway“. Straßen und Motoren
gibt’s ab hier keine mehr, doch der Fußverkehr ist trabend. Die Träger warten an
den Toren des abschüssigen Landeplatzes, um von den Touristen Arbeit auf ihre
Schultern laden zu können. Mit Trageriemen um die Stirn halten sie das Gepäck am
Rücken, bis zu 80 Kilo schleppen sie oft nur in ausgelatschten Schlapfen. Der
Lohn für die harte Arbeit: etwa 10 Euro am Tag. Trinkgeld gibt man gerne.
Sie alle spielen eine tragende Rolle
In Lukla, dem kleinen Bergdorf im Solukhumbu, betet diese Frau tagein und
tagaus. Es sind schon viele Touristen an ihr vorbei gegangen.

Es reiht sich Teehaus an Teehaus. Da geht nie der Tee aus.
Nanu, wer bist denn du?
Entlang des Weges.

Manche Tage sind eben Hundstage.

Gemeinsam sind sie stark.

Mit dem Blick in die Zukunft gerichtet.
Unser Weg

62 Kilometer sind es von Lukla bis ins Basecamp des mit 8848 Metern höchsten
Berges der Welt. Ausgetretene Pfade, gestufte und breite Wege führen immer
wieder an Dörfern mit Lodges und Teehäusern vorbei. Die letzte Ortschaft Gorak
Shep liegt auf 5200 Meter. Doch das ist nicht unser Ziel.
Pangboche und Namche Bazar
Magic Moment. Hier berühren die ersten Tränen unsere Wangen. Endlich steht sie
vor uns, die Mutter (Ama) mit ihrer Halskette (Dablam). Nicht zu beschreiben
dieses Gefühl.

Unser Koch Lila drückt auf den Auslöser unserer Kamera und schenkt uns diese
Momentaufnahme – eine für die Ewigkeit, die mittlerweile über unserem

Hier spiegelt sich der Lhotse, der weit über 8000 Meter ragt.

Die Buddhisten sind immer und überall…

…die Internet-Touristen ebenso. Cyber-Café hier, WiFi da – wir waren mit
unserem Notfall-Tasten-Uralt-Handy gut bedient – unsere Smartphones blieben in
Österreich.

In den sieben Tagen, die wir taleinwärts schlendern, treffen wir auf Jung…

…und Alt.Auf bunt……und kalt.
Auf schwingenden Hängebrücken über reißende Flüsse lässt man Yaks und Eseln
besser den Vortritt. Sie weichen bestimmt nicht aus. Es langsam angehen zu
lassen, ist generell ein gutes Rezept, um letzten Endes freudig ans Ziel zu
kommen. Vereinzelt hört man die Rotorenblätter der Hubschrauber rattern, die
voreilige Touristen mit Höhenkrankheit zurückbringen.

Schau mir in die Augen…
Wir lassen uns Zeit, so richtig Zeit. Um den Blick schweifen zu lassen. Der Puls
schlägt taleinwärts immer schneller. Mitunter hört man auch ein Hämmern. Das
kommt vom Wiederaufbau. Von Hand klopfen die Nepalesen die herangetragenen
Steine eckig, um ein Haus zu bauen.

Der Wiederaufbau ist Handarbeit. Stein für Stein.
Unser Weg führt uns zuerst ins Basecamp des Island Peak (6189 m).

Hier akklimatisieren wir uns – um so widerstandsfähig wie dieses bauschige
Edelweiß zu werden.

Ein Highcamp auf mehr als 5000 Meter über dem Meer hilft uns dabei, uns noch
besser auf die Höhe einzustellen.

Mit Erfolg – pünktlich zum Sonnenaufgang über dem Makalu stehen wir auf unserem
ersten Sechstausender – wir freuen uns, aber irgendwie diese Freude getrübt.

So viele andere Trekkingtouristen stapfen neben und hinter uns her, lassen uns
im Abstieg warten – das ist nicht ganz, was wir uns unter Bergsteigen
vorstellen…

Nach diesem interessanten Gipfelerlebnis geht es weiter für uns – zu unserem
Hauptziel, der Ama Dablam. „Die Leute sagen: Nepal ist gefährlich, die Lodges
sind kaputt. Aber die ganze Everest-Runde – die Zimmer, die Berge, die Gletscher
– da ist alles gut“, sagt Kaji Sherpa und blickt vom Basislager der Ama Dablam
auf die steilen Gletscherflanken des „Matterhorn Nepals“. Kaji kocht im Winter
auf der steirischen Hochwurzenhütte die Ski-Gäste ein, zur Trekking-Saison
schlägt er als Koch im Himalaya sein Basislager auf.

Basecamp. Feine Sache.

Im Basecamp wurde so gut auf uns geschaut, damit wir ja kein Kilo Körpergewicht
verlieren… 🙂

Am Berg sind wir schließlich auf uns alleine gestellt: Wir machen uns ohne
Träger und Bergführer auf den Weg. Nach einem Rasttag im Basecamp, wo wir
chillen, Zeug sortieren, Infos einholen, starten wir mit dem schwersten Zeug bis
unterhalb von Lager I, um es dort zu deponieren.
Eine Tagestour

Nach einem weiteren Rasttag starten wir unseren Gipfelversuch. Wir wissen, dass
eine deutsche Gruppe bereits wieder abgereist war – weil die Fixseile noch nicht
montiert waren (und die erleichtern doch einiges – und ermöglichen vielen erst
den Gipfel). Doch an diesem – unserem – Tag sollten drei fitte Sherpa damit
fertig werden. Das Wetter stimmt uns ebenfalls zuversichtlich. Versuchen wir es!
Im Aufstieg ins Lager I haben wir ihn immer vor Augen, unseren wunderschön
schneidigen SW-Grat

Ziemlich, zieeeemlich zach mit allem Drum und Dran im Rucksack. 15 Kilogramm so
Pi mal Daumen…?

Die Rundblicke entschädigen alle Mühen.

Die Tiefblicke sind auch ziemlich spannend.

Für heute ist ja doch ein Ende in Sicht: Camp I auf 5800 Meter

Morgen geht’s hier weiter. Steile Sache… Bauchkribbeln. Muffensausen. So hoch
waren wir beide noch nie. Werden wir diesem Traumberg gewachsen sein?

Minus 14 Grad im Zelt. Lässt sich gut aushalten in unserem superwarmen
Carinthia-Schlafsack ECC 1000 und ECC 1200.

Nach dieser Nacht erwartet uns ein abermals strahlend schöner Morgen. Besser
könnte es nicht sein. Einfach wird das trotzdem nicht. Es stehen zwar nur 200
Höhenmeter an, doch es ist anhaltend zum Klettern bis in den oberen 5./unteren
6. Grad.
Sonne gibt Kraft.

Fels vom Feinsten

Dank der Fixseile muss man sich gar nicht so fürchten.

Wenn man sich das Richtige aussucht…

Kein Schritt und Tritt gleicht dem anderen. Da ist immer wieder Abwechslung
garantiert.

Anregende Kletterei. Oder wie sagt man so schön?

Atemberaubend ist sie jedenfalls auch. Inklusive Seilsalat.

Hunderte Meter pfeift’s hinunter. Es könnten auch Tausend sein.

Endlich im Lager II. Ein luftiger Adlerhorst. Fünf Zelte haben nur Platz.
Unseres ist das sechste…

keep the world below the feet… 🙂

Essenszeit. Juhuuuu! Wobei: Groß ist der Hunger hier nicht mehr.

Eine Stimmung, unvergesslich…

Die Nacht war hier auf 6000 Höhenmeter wenig bezaubernd. Zu allem Übel streikte
um drei Uhr früh unser Gaskocher. Für eine Stunde Schnee schmelzen haben wir
fast eine Stunde gebraucht… Uff. Um kurz vor fünf Uhr früh machten wir uns
trotzdem auf den Weg – keine zwei Liter für uns gemeinsam. 800 Höhenmeter
erwarten uns. Fels, steiler Fels, mit Eis gemixt, reines Eis, steiles Eis. Wir
versuchen es. Immerhin ist der Rucksack nicht so schwer – und die Sonne geht
bald auf…

Morgens um 5 Uhr früh
Camp II. Ein außergewöhnlich luftiger Lagerplatz.

Immer steil | viele Seile

Fels und Firn

Flanken wie Flügel

Das ist der berühmt berüchtigte Hängegletscher, die Dablam (die übersetzt
„Medaillon“ oder „Halskette“ heißt).

Irgendwie hat man das Gefühl, die Ama („Mutter“) will ihre Halskette aber
schnell loswerden… Bedrohlich hängen die Seracs über einem. Das mögliche Lager
III etwas unterhalb dieser Stelle überspringen wir deshalb.

Man will unter dem Hängegletscher nur eines: Möglichst schnell durch…
Doch irgendwie geht das in dieser Höhe nicht mehr ganz so schnell 😉 Stop and
Go… So knapp unter 7000 Höhenmeter ist man durch den geringeren
Sauerstoffgehalt nur noch etwa halb so leistungsfähig, besagt die Höhenmedizin.

Tief ein- und ausatmen… und weiter geht’s.

Bis wir ganz oben sind… Jihaaaaa!!

Ein Appenzeller Bärlibiber versüßt uns diesen Moment…
Ein Moment für die Ewigkeit
Unfassbar dieses Panorama… All die unbekannten Zacken und Gipfel, dieses
Nebelmeer…

Und die bekannten Gipfel – fast zum Greifen nahe…

Nach etwa 20 Minuten mutterseelenalleine am Gipfel – bei viel Sonne und wenig
Wind – machen wir uns auf den Weg zurück.

Mit etwas Gottvertrauen in die Fixseile geht’s zügig zurück ins Lager II.

Die Berge sind schon in ein zartes abendliches Rot getaucht.

Noch eine gute Stunde klettern wir im Dunkeln zurück.
Bis wir wieder in unser Zelt kriechen – glücklich, aber müde.
Am nächsten Tag ging’s zurück ins Basecamp. Etwas dehydriert, weil der Gaskocher
nicht so wollte wie wir.

Unser Koch gratuliert und überrascht uns mit einer Torte…

Süß – und fast ohne Rechtschreibfehler 🙂

Bei einer Speckjause und Torte lassen wir mit Kaji Sherpa und dem Ramsauer Heli
Rettensteiner vom Nachbars-Zelt unseren erfolgreichen Gipfelversuch Revue
passieren. Viel weniger Wegbegleiter als sonst üblich sind in diesen Tagen am
steilen Grat unterwegs gewesen, das macht die steile Sache erheblich angenehmer.
Es gibt wohl keinen besseren Zeitpunkt, sich ins Land der gigantischen
Gebirgsmassive aufzumachen. In ein Land, in dem die Menschen schon so viel
verloren haben, aber immer noch das besitzen, was uns oft fehlt:

ein zufriedenes Lächeln
Lust auf einen Vortrag?

In einem Multimedia-Vortrag nehmen wir euch an der Hand und auf eine spannende
Art und Weise mit auf unsere Reise nach Nepal. Mit unseren schönsten Bildern und
Videos und Nebenbei-Geschichten geben wir euch noch tiefere Einblicke in unsere
Abenteuer- und Gefühlswelt. Fragt einfach an bei uns – wir freuen uns darauf!

Und worauf wir uns nach dem erfolgreichen Gipfelversuch am meisten gefreut
haben? Nach 24 Tagen wieder einmal Duschen…. 🙂

Unsere Freuden nach der Besteigung 🙂
Happy End 🙂

Einen Augenblick bitte…