1/5: Immer wieder ein majestätischer Anblick: IST DAS GESÄUSE DER KÖNIG, SIND DIE HALLER MAUERN DIE PRINZESSIN. DIE KREUZMAUER IST EINER DER SCHÖNSTEN ZACKEN IHRER KRONE – UND EINE SKITOUR, DIE FRÜHLINGSGEFÜHLE WECKT.

Im Februar begab ich (Marlies) mich im Gesäuse auf Spurensuche – bis eine Skitour wenige Tage später die nächste ergab – vom Lugauer, der Kreuzmauer, dem Festkogel und Hexenturm bis zum Hochtor. Rückblickend lässt sich dieses Quintett als meine persönliche Xeis-Auslese der Skitouren-Klassiker beschreiben – ohne strikte Grenzen zu ziehen. High Five!
Beginnen wir diesen Skitouren-Zauber in der Felsenarena geographisch – und zwar im Westen. Die Kreuzmauer ragt als Firn-Fels-Dreieck aus dem Haller-Mauern-Gebirgszug. Die Haller Mauern gehören zwar nicht kartographisch, aber ideologisch zum Gesäuse. „Zumindest die Haller Seite. Drüben gehört zu Windischgarsten. Das ist aber weder politisch korrekt noch wissen die Geographen etwas davon“, sagt einer, dem weder der Bürgermeister noch die Vermessungsbehörde widersprechen würden. Der Hollinger Andi hat als Fotograf ein Auge für das Schöne, als Bergsteiger ein gutes Händchen für den Fels. Und als Nationalpark-Gesäuse-Kommunikations-Guru hört sein Blick nicht bei den eigenen Felswänden auf. Außerdem wollen wir (uns) auf den Bergen keine Grenzen setzen. Also ab nach Hall und seiner Mauer. Die trägt ein hübsches weißes Kleid und eine Krone. Ist das Gesäuse der König, sind die Haller Mauern die Prinzessin. Gemeinsam beherrschen sie diese Gegend, in die es auch uns Oberösterreicher immer wieder zieht.

Unser Auto parken Andi und ich am 11. Februar 2017 in der Mühlau zwischen viele andere. Die Kreuzmauer ist einer der Berge, auf denen im Winter mehr Verkehrsaufkommen herrscht als im Sommer. Kein Wunder: Ihr Südkar ist so weit und breit, dass hier auch der dreiundneunzigste Abfahrer nicht durch tiefe Spurrillen muss. Firngarantie mit Fernsicht – dabei spult der fitte Geher die 1350 Höhenmeter ohne Langeweile auf den Tacho.

Anfangs noch den Scheiblingstein im Blick, werden wir bald auf den rechten Weg gewiesen.
Die Sonne knallt bereits auf die südseitigen Hänge – wir starten im Schatten des Volkernotgrabens und kommen auf Betriebstemperatur. Das erste steile Waldstück ist ein Luder! Seine scharfen Kurven fangen die Skier unter freigelegten Wurzeln. Ellapätsch! Beim Hinuntergurken kann man das Gemüse auf der Forststraße umfahren. Ein Kreuzweg sieht anders aus.
Höhlen, Mensch!
Als wir nach einer Forststraßenkreuzung mit fragendem Blick in aperes Gelände und über einen Lawinenkegel stolpern, dämmert’s uns! Hier sind diese beiden Tunnels, von denen wir in den Beschreibungen lasen. Kurz führen sie uns hinters Licht.

Vorbei an eisigen Stalaktiten und -miten geht’s ans lichte Ende. Die kurze Unterführung treibt die Motivation weiter nach oben. Wie den Blick, der an den Haller-gemäuerten Wänden entlang wandert, bis wir an einem Bachbett erneut auf Grund laufen. Bald lichtet sich der Mischwald, und wir stapfen einer hindernislosen Abfahrt entgegen.

Breiter Hang, spitze Kehren
Ehre, wem Kehre gebührt…
Ab hier zieht sich der Hang in die Länge. Der motivierende Gedankengang ist einfach: Jede schwitzenden Spitzkehre ergibt zwei juchzende Schwünge. Da darf der Schweiß gerne von der Stirn auf den Firn tropfen. Frühlingserwachen im Februar!

Mittendrin reißt der steile Hang sein Maul weit auf. Was er uns sagen will…? Vielleicht, dass nicht immer mit diesem Südkar zu spaßen ist.

Ein bewegter Hang. Er hat sein Maul aufgerissen.
Bei solchen fantastischen Firnbedingungen freut sich selbst Ex-Snowboarder Andi auf die Skiabfahrt. Doch die muss noch warten – erst krabbeln wir über den steilen Gipfelhang zum höchsten Punkt. Mit Steigeisen hätte sich die Spurarbeit besser angefühlt, doch die faulen Dinger liegen zu Hause herum. Im letzten windgepressten Steilaufschwung dresche ich die Skischuhspitzen in den Hang, so als wolle ich kleine Krater bombardieren. Ehe die Zehen brechen, steigen wir auf den Grat – und unser Horizont öffnet sich nach Oberösterreich.

Ein kleiner Grat, der sich als Krönung dieser Prinzessinnen-Tour entpuppt. Wir setzen vorsichtige Schritte zwischen Schnee und Felsen. Bis wir der Gipfelkreuzmauer auf die Querbalken klopfen (2091 m).

Gipfelglücksmomente
Den Blick könnten wir noch x-mal schweifen lassen. Nachdem uns der Wind um die Ohren bläst, lassen wir das. Die Skischuhspitzen-Spur ist beim Hinuntergehen bereits ein guter Aufleger – ein paar Tourengeher sind nachgekommen. Zurück beim Skidepot liegt uns die nächste Krönung zu Füßen. Mit viel Weißraum, in den wir unsere Spuren zeichnen.

Ein Traum in Weiß.
Mit einem breiten Grinsen schwingen wir den XL-Hang hinunter, genießen die Abwechslung auf der restlichen Abfahrt, den Höhlen-Fußmarsch und wissen, als wir den Kofferraum zuknallen: Die Kreuzmauer sieht uns wieder, das nächste Frühjahr kommt bestimmt.
Das war’s: So viele Sternlein stehen
Endorphin: Super Aussichten vom Gesäuse bis zum Dachstein, vom Toten Gebirge bis in die Tauern – ein abwechslungsreicher Anstieg – Sonnenseite 🙂 – ein gewaltiger Firnhang
Adrenalin: Wir spurten den finalen Steilhang zum Gipfel – Steigeisen hätten diese Wertung um ein Sternchen besänftigt
Nichts wie hin: Prädikat: sehr empfehlenswert! Aber Achtung: den Firn nicht verschlafen

Einen Augenblick bitte…