Es geht auf das Matterhorn, das steirische: Wo Zermatt Radmer heißt, das Hörnli Lugauer und man ohne finanzielle Sorgen beim Wirt Nachschub bestellt. Verdient hat man sich’s ja. Unsere schönsten Gesäuse-Skitouren, Teil 3/5.

3) LUGAUER
Es geht wieder einmal auf das Matterhorn im Winter – diesmal auf das steirische. Größe ist nicht alles, aber die Erscheinung: Der Lugauer (2217 m) reicht dem echten Hörnli (4478 m) gerade einmal bis zur Hüfte. Aber die Toblerone-Form ist ähnlich und sticht dem optischen Genießer auf dem Weg in die Ortschaft Radmer ins Auge. Dort gipfelt der Lugauer mit einer dreieckigen Felspyramide in den Himmel. Von den anderen Seiten sieht der Lugauer auch sehr hübsch aus – aber als Matterhorn? Dafür braucht man viel Phantasie.
Wo in Zermatt auf 1600 Höhenmeter über dem Meer noch der Raclette-Duft in die Nase kriecht und man sich zwischen Asiaten und ihre Teleobjektive schlängelt, beginnt auf dem markanten und beliebten Gesäuse-Skitourenberg bereits der Gipfelhang und der Ernst des Skitourenlebens. Zurückzulegen sind bereits bis dorthin fast ein Viertelmarathon mit eintausend Höhenmetern durch liebliche Landschaften. Doch zurück zum Start.

Schilder. Wald.
Mit Stefan hab ich mir diesen Matterhorn-Marathontag vorgenommen. Wir machen unseren Pieps-Check in Johnsbach und folgen dem klassischen Winterweg. Das Wegfinden ist auch ohne Spuren (jippie, wir sind die Ersten nach dem letzten Schneefall) einfach – denn damit das Birkhuhn und seine Verwandten im Nationalpark Gesäuse nicht um ihre Winterruhe kommen, stecken viele Stangen und Schilder als Orientierungspunkte im Schnee, um kein Hühnergeschrei auszulösen. Sowohl im Aufstieg als auch in der Abfahrt umgeht und umfährt man den Haselkogel. Dieses Gebiet zählt zu einem der letzten Raufußhuhnbiotope Europas. Dafür nehmen wir die Extra-Abfahrt und den gewonnenen Gegenanstieg doch gerne in Kauf.

Ich wollt, ich wär ein Huhn…
Nach der ersten Abfahrt vom Hüpflingerhals, die in umgekehrter Richtung den freudig erwarteten Gegenanstieg bedeutet, nähern wir uns dem Lugauer. Im Haselkar ist unser Ziel endlich in Sicht. Aus dieser Perspektive sieht der Lugauer nicht als Matterhorn aus, muss er auch nicht.

Es ist die hellste Freude, dass dieser 600 Höhenmeter hohe Lugauerplan nun vor uns liegt – als Mischung aus riesiger Halfpipe und monströsem Hang, unberührt, nur vom Wind gezeichnet. Es ist ein majestätisches Gefühl, mit den eigenen Skiern eine Zick-Zack-Linie ins Weiß zu zeichnen – ein Gefühl von Freiheit und Verantwortung, denn der Lugauer ist heikel, frisch eingeweht zum Meiden. Spurarbeit? Spurvergnügen! Ein guter Tag, an dem die Schritte fast von selbst gehen. Wir beschließen, die Tour trotz starken Windes noch mit dem Gipfel zu krönen. Ein schmaler Grat, so als wäre er den Westalpen entsprungen.

Über den Wolken…
Starker Wind. Sind geschwind.
Der Wind weht uns um die Ohren, doch wir bleiben standhaft auf dem schneidigen Finale. Der Lugauer hat uns auf sein Haupt steigen lassen. Die Stimmung zwischen herum fetzenden Wolken auf 2217 Meter über dem Meer ist großartig. Nicht vorzustellen, dass die Hörnlihütte noch tausend Meter höher liegt als dieser Gipfel hier. Matterhorn, wir würden heute nicht tauschen wollen!

Hochgefühl
Der Lugauer-Plan geht auf: Einzeln fahren wir in den steilen Hang ein. Es wechseln fluffige mit harten Schwüngen. Das ist zwar nicht der allergrößte Fahrspaß, weil zudem im Mittelteil eine Wolkenbank hereinschiebt – aber kein Gejammer: Ich hatte die 600 Höhenmeter auch schon im fiesen Bruchharsch erlebt… Die unteren Höhenmeter des Gipfelhanges verpulvern wir in feinem Stil, rattern das Haselkar hinaus, schalten das Hirn beim Gegenanstieg aus und kurven bis zum Auto zurück.

Ab geht’s.
Das Ziel ist der Kölblwirt – verdienterweise: Gut 20 Kilometer (ein halber Marathon) und 2100 Höhenmeter (eine doppelte Skitouren-Dosis) zählte bergsteigen.com für diese Tour zusammen. Da bringt Ludwig Wolf die Speisekarte gerade recht. Es sprudeln die Gesäuseperlen, die legendären Kracherl aus dem Xeis – weit unter den Schweizer Hochpreisen. Noch eins, bitte, diesmal Stachelbeere.

Endorphin: Beeindruckend, wenn man vor der Lugauerplan steht – ein großes Gratfinale mit beängstigenden Tiefblicke und tollen Ausblicken
Adrenalin: Am Gipfelgrat besser keinen falschen Tritt machen – steilere Einfahrt vom Gipfeldepot – bei unsicheren Verhältnissen Finger davon
Nichts wie hin: Ein Prestige-Berg, dementsprechend oft besucht – selten sehr gute Verhältnisse – nur für Skitourengeher mit XL-Ausdauer – vielleicht wirst du den Gegenhang verfluchen

UNSERE SKITOUREN-AUSLESE ZUM NACHLESEN
1) Kreuzmauer – die Prinzessin der Haller Mauer: Immer wieder ein majestätischer Anblick: Ist das Gesäuse der König, sind die Haller Mauern die Prinzessin. Die Kreuzmauer ist einer der schönsten Zacken ihrer Krone – und ein Skitourenberg, der Frühlingsgefühle weckt.
2) Hexenturm – mystisch auf der Nordseite: Diesmal steigen wir von Norden auf die Haller Mauern und lassen uns verzaubern: vom Hexenturm. Sein Rosskar finden wir zum Wiehern, dessen schneidiger Sattel zum Gipfel ist umwerfend schön. Hex, Hex!

Einen Augenblick bitte…