So verrückt diese Zeit irgendwie ist – so gut und intensiv nützen wir sie. Für uns. Das viel gepredigte „Social Distancing“ haben wir vorübergehend auch zum Social Media Distancing gemacht – denn verrückt erscheint uns nicht nur die vom Corona-Virus infizierte Welt, sondern manchmal auch der gesunde Menschenverstand ;-). #stayathome-Dauerfeuer und #challengeNummerTausendfünfzehn möchten wir uns und euch gerne ersparen. Langweilig war uns trotzdem noch keine Minute. Wir sind in dieser Zeit sehr produktiv, gönnen uns aber auch so manchen Ausflug (oder besser Ausflucht) in die Natur. Aktuell halt nur für uns selbst, im Rahmen der Möglichkeiten und mit besonders wenig Risiko. Aber auch ohne Kamera – und ohne Likes ;-).

Weil uns zwischendurch doch immer wieder ein paar persönliche Fragen erreichen haben, möchten wir sie euch gerne hier beantworten (und damit auch danke sagen, dass einige an uns denken!).

Wie geht’s euch?

Das wichtiste zuerst: Wir können die Situation fast immer positiv sehen und somit geht’s uns sehr gut. Hoffentlich macht ihr auch das Beste aus dieser Zeit, ihr und eure Liebsten seid gesund und optimistisch?! Aber ja, wir sind beruflich mit unseren Vorträgen und Reportagen stark betroffen. Im März und April hätten wir fast jeden Tag was auf unserm Terminplan gehabt. Alle restlichen Vortragstermine in dieser Saison wurden abgesagt und manche Geschichten konnten wir nicht produzieren. Zum Beispiel eine Skitouren-Reportage. Die planten wir dreimal um – bis wir sie genau in der Woche der verschärften Maßnahmen erst recht absagen mussten. Insgesamt enorm viel Planungsaufwand und monatelange Vorarbeit, die nicht entlohnt wird.

Was bleibt sind die Hoffnung und Zuversicht, dass wir im Herbst schon einige Vortragstermine geplant haben, hoffentlich noch weitere ausmachen können und vor allem Veranstaltungen wieder erlaubt sind. Dann hoffen wir, dass ihr weiterhin Lust auf die 4000er der Alpen habt und uns auch Partner und Auftraggeber treu bleiben! Merci, das wär‘ sehr, sehr cool!

Die ersten Wochen nutzten wir für allerlei liebsame und unliebsame Tätigkeiten, die eine Selbstständigkeit mit sich bringt: Buchhaltung auf Vordermann bringen und Steuererklärung zusammenstellen (zählt beides zu letzterem), Homepage ausmisten usw.

Ach ja und zwischendurch freuen wir uns immer wieder, einfach in einem Bus zu leben, wo wir keine Miete bezahlen müssen, keine Kredite zurück zahlen müssen und auch sonst keine großen Fixkosten haben. Das lässt uns entspannter sein, wenn die geplanten Einnahmen diesen Frühling ausbleiben.

Wo steht ihr jetzt mit eurem Wohnmobil?

Weil die Reisefreiheit ja eingeschränkt ist, haben wir uns mit unserem Wohnmobil in die Heimat zurückgezogen. Auf große Überraschungen, welcher Ort als nächstes unter Quarantäne gestellt wird, wo wir hinfahren können und wo wir schnell das Weite suchen müssten, darauf hatten wir keine Lust. Eine gesicherte Versorgung mit Wasser und Strom ist auch beruhigend und nicht zuletzt wollten wir natürlich auch näher bei unseren Familien und Freunden sein.

Wir haben das große Glück, gute Freunde zu haben, die ein Haus samt großer Einfahrt in Windischgarsten ihr eigen nennen. Da parken wir nun seit einigen Wochen, dürfen Strom zapfen und werden gut versorgt.

Grazie mille!

So lässt sich unsere Caravantäne wirklich gut aushalten.

Wir genießen es nach wie vor sehr, im Bus zu leben – wenngleich wir gerade auch nichts dagegen haben, eine Dusche mit mehr als zehn Liter warmem Wasser nutzen zu dürfen ;-).

Was macht ihr die ganze Zeit?

Wie erwähnt: sehr viel Bürokram (von langweilig administrativ bis super kreativ). Wir arbeiteten an einigen größeren Reportagen. Weniger für’s Internet, dafür mehr für’s Papier. Da steckt mehr Zeit drin als man beim Lesen vielleicht vermuten würde. Schaut doch ins nächste Bergwelten-Magazin, da findet ihr unser Bergportrait über den Großen Priel. Eine wirkliche Herzensgeschichte, den felsigen Koloss, der uns so viel bedeutet, rundum beleuchten zu dürfen – Andi mit seinen Fotos und Marlies mit ihrem Text.

Am Berg unterwegs waren wir für diese Geschichte bereits im vergangenem Sommer. Ihr seht schon – so große Geschichten beschäftigen uns über einen längeren Zeitraum. Vielleicht habt ihr auch Lust, euch das nächste Thermik-Magazin zu kaufen, das bedingt durch die Corona-Krise zwei Hefte zu einem bündeln muss. Dort geht’s mit uns nach Dänemark zum Groundhandling mit Mike Küng und auf Roadtrip durch Marokko.

Wie hält ihr es mit dem Bergsport?

So viel Laptop-Arbeit (und so viel schönes Wetter) braucht natürlich Ausgleich. Wir sind fast jeden Tag draußen unterwegs – und zwar ganz einfach für uns. Wir nehmen die Maßnahmen ernst, verzichten auf die ganz großen Touren, aber wollen den Frühling und das Draußensein dennoch genießen, so weit erlaubt. Wir durchforsten in Laufschuhen die Hausberge, klettern am Fels ganz risikobewusst – nichts alpines, einfach nur sportklettern. Das teilen wir bewusst nicht im Internet – das teilen wir nur miteinander.

Andi hat in der Zwischenzeit auch Trailrunning für sich entdeckt und gemeinsam sind wir so viel gelaufen wie noch nie in in unserem Leben. Die vielen Wanderwaldwege rund um Windischgarsten lassen unseren Puls ein paar Mal in der Woche schneller schlagen. Auch wenn’s manchmal komisch ist, ohne Gleitschirm auf unserem früheren Flug-Hausberg zu stehen.

Das Fliegen haben wir nämlich bisher ganz gelassen. Wenn man sich alle Gesetzestexte genau durchliest, spräche zwar auch hier nichts 100% dagegen, wenn man Hike&Fly betreiben möchte (und ja, man kann das Fliegen sehr risikominimierend durchführen!). Aber der Teufel schläft ja nicht. Vereine und Verbände (darunter auch der HPCG Windischgarsten und der Aero Club als oberste Instanz) hatten gebeten, das zu unterlassen. Da wir auch eine gewisse Vorbildwirkung und Solidarität spürten, haben wir darauf verzichtet.

Auf das Klettern konnten und wollten wir hingegen nicht mehr ganz verzichten nach ungefähr zwei Wochen des Entzugs. Da wissen wir aber auch sehr gut, wie wir das Risiko in uns bekannten Sportkletterrouten maximal minimieren können und mit Sicherheit genug Abstand zu anderen einhalten können. Wahrscheinlich sind wir jetzt sogar noch achtsamer und umsichtiger unterwegs als sonst.

Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.

Da ist was dran, Sir Benjamin Franklin. Häufiger als sonst darf sich die Yogamatte ausrollen lassen. Dehnen, kräftigen, stabilisieren. Viele Workouts stehen am Programm – ein schönes Revival meiner einstigen Ausbildung zur Fitness- und Mentaltrainerin. Was Skitouren angeht, erledigt sich das Thema eh bald von selbst. Andi hat (leider) keine Lust mehr – ich schon noch ein bisschen. Hat zur Folge, dass ich seit kurzem das eine und andere Mal früher aufstehe als Andi. 😉

Dafür ist Andis Heimwerker (bzw. Van-Werker) Motivation höher und er hat in der Zwischenzeit unser Trainingsboard im Bus montiert. Zu Beginn hatten wir keine Idee, wo wir es anbringen könnten – aber siehe da: Besondere Zeiten erfordern besondere Trainingsmethoden und mit der zur Verfügung stehenden Zeit kann Andi eine brauchbare Halterung bauen. Nicht nur er klammert sich jetzt höchst motiviert wie ein Affe dran! Hoffen wir, unsere Motivation bleibt langfristig erhalten.

Auch unsere Rettungsschirme hat er neu gepackt. Den kleinen „Fallschirm“, den wir beim Gleitschirmfliegen dabei haben, und der uns im Falle des Falles 😉 retten soll. Millimeter genau gehört er zusammengelegt – Sisyphos lässt grüßen. Zwischendurch ist Andi auch für drei Tage im Keller verschwunden (nein, wir haben keinen Keller im Bus (nur einen kleinen Weinkeller ;)), aber er durfte die Werkstatt unserer Freunde nützen). Da hat er unsere Bikes auf Vordermann gebracht, den letzten Saharastaub aus (zumindest seinem) Bike gewaschen – und alles rundum erneuert, was wir in letzter Zeit beleidigt haben. Und natürlich müssen die Bikes auch gesattelt werden.

Produktiv waren wir auch in der Küche. Bärlauch kam in allen Variationen auf’s Teller – und ins Glas. Die langen Klettertouren können also kommen – wir haben genug Pesto, wenn’s für die Pasta danach schnell gehen muss. Daneben lief das Dörrgerät auf Hochtouren. Für unseren Lieblings-Berg-Snack: Ein Mix aus selbst gedörrten Äpfel, Birnen, Bananen, Ananas und Kiwi – und dazu ein paar Nüsse in ein wiederverwendbares Sackerl gepackt. Auch das wird uns eine Weile begleiten. Optimistisch gedacht 😉

Ein längeres Projekt, bei dem wir mitwirken dürfen, hat uns aber doch auch gemeinsam in den Schnee und auf einen Lieblings-Gipfel geführt. Aber das können wir euch erst im Herbst verraten ;-).

Was macht ihr im Sommer?

Im Sommer wollten wir eigentlich längere Zeit durch die Dolomiten und die Alpen kurven zum Alpinklettern und Paragleiten – doch wir gehen nicht davon aus, dass wir in nächster Zeit über die Grenzen reisen dürfen. Wenn doch, auch gut – und besser! Wir sind jedenfalls sehr froh, dass wir nicht zufällig heuer eine größere Expedition geplant hatten und doppelt froh, in Österreich leben zu dürfen! Fad wird uns bestimmt nicht, wunderschön finden wir’s auch hierzulande – und Adi Stockers Longlines-Buch und andere Führer sind bereits gespickt mit dutzenden Post-Its 😉

Jetzt freuen wir uns schon richtig auf den Sommer in Österreich, die Lockerung der Maßnahmen – und dass die Welt etwas aus dieser Krise mitnehmen kann. Jeder für sich. Jeder für jeden anderen. Und alle für unseren gemeinsamen Lebensraum, der wie COVID-19 keine Grenzen kennt. Vielleicht ist Corona ja so etwas wie eine ziemlich letzte Warnung der Natur an uns Menschen.